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Presse-Erklärung des itSMF Deutschland e.V. zur Zukunft von ITIL®

Das itSMF Deutschland e.V., die weltweit führende Community für Service Management steht nach dem Verkauf und der Privatisierung des ITIL Frameworks für eine zeitgemäße Weiterentwicklung und Anpassung.

2013 wurde Axelos durch ein Joint Venture der Investmentfirma Capita PLC und der britischen Regierung gegründet. 8 Jahre später im Juni 2021 wurde die Firma nun AXELOS Ltd.an das griechische Unternehmen Peoplecert verkauft. Die Frage, die die Community weltweit beschäftigt, lautet: Was wird aus ITIL®?

Für den itSMF Deutschland e.V. ist es – nachdem nunmehr die Transaktion abgeschlossen ist- an der Zeit, eine Einschätzung zur Beantwortung dieser Frage zu geben. Das Entstehen des Vereins und der Community ist und war immer eng mit dem Thema ITIL verbunden, auch wenn sich Service Management heute wesentlich breiter darstellt. Der itSMF Deutschland e.V. organisiert seit nunmehr 20 Jahren nahezu alle maßgeblichen Kräfte der Community. AXELOS gehört für uns zu dieser Community.

 Nicht zuletzt durch die jahrelange Arbeit des itSMF im deutschsprachigen Raum ist die Adaption des ITIL Frameworks in Deutschland und der Schweiz im globalen Vergleich am weitesten fortgeschritten. Dies nimmt uns in die Pflicht und umso mehr begrüßt das itSMF die Zusage von AXELOS, sich künftig bei uns als Mitglied zu engagieren.


Der itSMF Deutschland e.V. sah die Entwicklung rund um die Kommerzialisierung des ITIL Frameworks allerdings auch zusehends kritisch, insbesondere, da der finanzielle Druck der britischen Regierung sich erheblich auf die Preisgestaltung der weltweit begehrten ITIL Prüfungen auszuwirken begann.

Wir gehen davon aus, dass die Verschmelzung von Rechte-Inhaber und Prüfungsinstitut synergetische Vorteile bringen wird, zu denen sich eine engere Verzahnung in der Supply Chain der Prüfungsabwicklung und in der Beziehung zu den Trainingsanbietern gesellen. Allerdings war der öffentliche Charakter durch die Beteiligung der britischen Regierung ein wesentliches Element der Glaubwürdigkeit. Wir erwarten von AXELOS, eine Strategie zu entwickeln, die die Service Management Community stärker als bisher einbindet, um den Wegfall der Regierungsunterstützung durch eine andere Art der Öffentlichkeit zu kompensieren und zu verbessern. Zudem erwarten wir eine, nicht nur auf das Prüfungsgeschäft ausgerichtete, inhaltliche Arbeit, in die wir gerne unsere Kompetenzen und die unserer Mitglieder einbringen werden.

In der Zwischenzeit hat sich allerdings auch die IT-Welt verändert und der Ansatz eines holistischen Service Management Frameworks ist aus unserer Sicht nicht mehr zeitgemäß. Service Management ist seit langem nicht mehr nur ITIL und AXELOS sollte einen Ansatz wählen, der die harmonische Anpassung an andere Frameworks ermöglicht, so wie auch der itSMF Deutschland e.V. seine Kompetenzen weiterhin nicht allein auf ITIL konzentriert. Wir bewerten Anwendbarkeit, Praxisnähe und Verlässlichkeit, denn Frameworks sind wichtige gesellschaftliche Errungenschaften, die ohne eine unterstützende Community weniger Wirkung entfalten.

Wir, die deutschsprachige Community und der itSMF Deutschland e.V. sind bereit dazu, AXELOS nach besten Kräften bei diesen Vorhaben zu unterstützen und freuen uns nach den ersten Gesprächen auf weiteren regen Austausch.

Der Vorstand des itSMF-Deutschland e.V.


Zu einer tiefergehenden Diskussion zum Thema laden wir alle Interessierten zu unserem Community Day am 25.8. um 15:00 Uhr ein. ANMELDUNGSLINK

Eine Antwort auf „Presse-Erklärung des itSMF Deutschland e.V. zur Zukunft von ITIL®“

Bisschen was zum kaufmännischen Hintergrund: Capita plc. ist ein Outsourcer, der hauptsächlich Dienstleistungen für Verwaltungen und Behörden erbringt, beispielsweise Gebühreneinzug für die BBC oder die Londoner Mautgebühr, wenn man mit dem Auto in die Stadt fahren will. Jahresumsatz in 2020 3,3 Milliarden GBP, 61.000 Mitarbeiter. Capita ist schon seit 2018 in Schwierigkeiten und hat regelmäßig profit warnings herausgegeben. Die Pandemie hat sie zusätzlich stark getroffen. Teil eines Turnaround Plans ist es, möglichst viele Akquisitionen, die nicht zum Kerngeschäft passen, (wie Axelos) wieder abzustoßen.

Anders als andere Prüfungsprovider wie Pearson Vue, Prometric oder PSI macht Peoplecert fast nur Prüfungen für Axelos Themen. Es besteht praktisch eine 100% Abhängigkeit. Andererseits haben sie seit 2018 ein Monopol: niemand anderes darf Prüfungen für Axelos anbieten.

Als die Anteile von Axelos Anfang des Jahres in die Versteigerung gingen, hatte Peoplecert keine große Wahl. Es ist sehr unwahrscheinlich, dass ein anderer Käufer ihnen das Monopol gelassen hätte. Also mussten sie die Versteigerung gewinnen. Der Jahresumsatz von Axelos in 2020 war 115,7 GBP. Kaufpreis 380 GBP (€450 Mio.) Das ist das 11,5-fache des EBITDA. Peoplecerts Jahresumsatz beträgt nach eigenen Angaben €75 Mio. Den Kaufpreis müssen sie also erstmal verdienen in den nächsten Jahren.

Jedenfalls war das auf beiden Seiten kein toller strategischer Move, wie der Anschein erweckt werden soll. Sondern sowohl Verkauf als auch Kauf waren Reaktionen auf Notsituationen.

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