DIGITALISIERUNG NICHT NUR TECHNISCH SEHEN!
It Service Management Forum als wichtiger Vertreter der europäischen IT-Industrie hat deutliche Anmerkungen zum Koalitionsvertrag:
- Digitalisierung ist nicht allein mit Glasfaser erledigt!
- Nutzt die neue Regierung nicht genug ehrenamtliche Communities?
- Liegt der Schwerpunkt der IT-Politik weiterhin nur bei großen Beratungskonzernen?
- Wie werden offene Standards von der neuen Regierung gefördert?
- Konzentriert sich der Vertrag bei der Nutzerperspektive zu sehr auf Barrierefreiheit?
Der itSMF Deutschland e.V. begrüßt ausdrücklich die prominente Berücksichtigung des Innovations-Motors „Informations-Technik“ im Koalitionsvertrag, wie er in dem für die Service Management Community wichtigen Kapitel 2 zum Ausdruck kommt. Informations-Technik als kritischer Erfolgsfaktor für die Zukunftsfestigkeit einer – auch nachhaltig noch weiter erfolgreichen Industrienation, ist im Koalitionsvertrag zweifelsfrei identifiziert. Zur Unterstützung der hierzu ambitionierten wie positiven Ziele möchte das it Service Management Forum Deutschland
den Koalitionsvertrag aus seiner fachlichen Perspektive zu betrachten.
Wir sind besorgt über die technologische Ausrichtung einiger Passagen zur Digitalisierung in dem vorliegenden Text. Als ehrenamtlicher, unabhängiger Verein mit breiter Ausrichtung sind wir bereit unsere Kraft in die Umsetzung verstärkt einzubringen und die weltweite Community der itSMF Chapter zu aktivieren, falls wir eingeladen werden uns aktiv an diesem Prozess zu beteiligen.
Wir möchten einige Feststellungen treffen und Fragen stellen, die eher fachlicher Natur als politisch motiviert sind.
Das itSMF Deutschland e.V. hat mit großer Freude die schnelle und offene Diskussionsbereitschaft der Koalition mit der IT-Wirtschaft wahrgenommen.
- Digitalisierung ist nicht nur Technik, wie Glasfaser und Online-Anwendungen. Es geht auch um eine Neuausrichtung der Prozesse von Ende zu Ende. Wir sehen erhebliche organisatorische Optimierungs-Potentiale für die schwer überschaubare Kompetenz-Verteilung über diverse Ressorts und Behörden hinweg, auch wenn die Koalition zweifelsfrei den Handlungsbedarf hierzu bereits erkannt hat.
- Hier kann das itSMF mit seinem Branchenübergreifenden Best-Practice Erfahrungsschatz als Vermittler zwischen Wirtschaft und Verwaltung helfen.
- Wir unterhalten aktive Fachforen zu Service Brokerage and Service Integration, Veränderungsmanagement, Personenzertifizierung, Observability und Design Thinking. Darüber hinaus pflegen wir deutschlandweit Regionalforen und Arbeitsgruppen.
- Im Koalitionsvertrag ist die Nutzungsperspektive fest verankert. Diese sollte sich auf weit mehr als lediglich barrierefreien Zugang und Nutzung beziehen. Hier ist in Richtung der Förderung einheitlicher Verfahren mit Nutzerfokus z.B. über Behördengrenzen hinweg nachzuschärfen.
- Mit welchen konkreten Maßnahmen wird sichergestellt, dass über Behördengrenzen hinweg einheitliche Verfahren mit Nutzerfokus umgesetzt werden?
Schlanke und zielgerichtete Prozesse sind erfolgskritisch wichtig. Vor einer Transformation „analoger Welten“ in „Digitale“, muss aus Erfahrung oft ein neues Denken vor dem Handeln stattfinden, um eine erfolgreich wirkende Transformation nicht zu gefährden: Vor einem 1:1 Kopieren bestehender analoger Prozesse sollte grundsätzlich die Chance zum Prozess-Review genutzt werden, um die dann so verbesserten in die Digitale Welt zu überführen. Das ermöglicht auf einen Schlag Kosten zu sparen PLUS Wirksamkeit zu erhöhen!
- Welche konkreten Handlungen will die Koalition anstoßen, um zuerst die Prozesse zu verbessern?
- Bisher waren die uns bekannten Veranstaltungen der Bundesregierung von der Einbeziehung und Beteiligung bekannter Groß-Anbietern dominiert.
Das ist nicht nur das Bild der „IT-Service“ Community, welches wir kennen, sondern unterrepräsentiert auch „das Pfund“ der Deutschen Wirtschaft: Unsere agilen KMU-Unternehmen im Mittelstand. Von unseren 1500 Mitgliedern ist eine überwiegende Mehrheit mittelständisch und dennoch thematisch – wie qualitativ – mithin Ton angebend. Wie wird die Koalition eine Herstellerunabhängigkeit Ihrer Beratung sicherstellen? - Das itSMF Deutschland sieht mit Sorge die Sicherstellung einer Hersteller-Interessen unabhängigen und neutralen Beratung der Bundesregierung. Hier kann das itSMF als Best-Practice verpflichtete Community helfen entsprechende Risiken zum Wohle des Unterfangens zu minimieren, wenn nicht gar gänzlich abzuwenden.
- Der Koalitionsvertrag stellt die Gültigkeit von offenen Standards heraus. Dies bietet Interpretationsspielraum. Meint dies, dass im Service Management das Framework der EU „FitSM“ stärker als das privatisierte „ITIL“ verwendet wird? Eine herausdeutbare Offenheit sollte zielführend von Beliebigkeit abgegrenzt werden, um die davon abhängigen Vorgehensweisen und deren Erfolg nicht zu gefährden.
Die Öffentliche Hand profitiert, falls sie sich wieder als Teil der Service Management Community versteht.
- In der Historie des itSMF waren Behörden und Einrichtungen der Öffentlichen Hand im itSMF in der Weise aktiv, dass Fachübergreifende Konzepte ja sogar Bücher erstellt wurden– in und für Deutschland sowie international. Da hier weiterhin Entwicklungspotenzial besteht, würde sich das itSMF über eine Wiederbelebung von Aktivitäten seitens der öffentlichen Hand freuen. Das Forum selbst begleitet und unterstützt dabei gern.
- Gerade die Verankerung der Nutzerperspektive über die Umsetzung der Thematik Barrierefreiheit verlangt neutralen und herstellerunabhängige Diskussionsforen, die der itSMF – allein in Deutschland – seit 20 Jahren (!) auf der Basis ehrenamtlicher Arbeit anbietet. Wir kennen die vielfältigen Hindernisse bei der Einrichtung und Pflege von it Service Management Branchen- und Fach- Communities – und helfen gerne diese auszuräumen.
- Es können auf derartiger Grundlage Maßnahmen ergriffen werden, um es der Öffentlichen Verwaltung verstärkt zu ermöglichen, von den Aktivitäten und fachlichen Kompetenzen des itSMF zu profitieren.
- Gerne bietet der itSMF Deutschland e.V. seine Kooperation an, als Teil des weltweiten Vereins, der Service Management aus der Öffentlichen Hand kommend, groß gemacht hat. Die in den vergangenen 20 Jahren gemeinsam entwickelten Verfahren und Publikationen können als Basis genutzt werden. Wir werden an diesen Faden anknüpfend ein Positionspapier erstellen, falls wir einen Adressaten für einen solchen Austausch auf Bundes- oder Länderebene einbinden können.
Das angeschnittene Thema ist zu umfänglich, um in einem knappen Pressetext ausreichend gewürdigt zu werden. Daher wird – ein interessierter Adressat vorausgesetzt – ein herstellerneutrales Whitepaper auf dem Stand der erfolgreichen Praktiken durch den itSMF Deutschland e.V. aus der Mitte der Mitglieder zusammengetragen.